Der Sockentod

Seid herzlichst gegrüßt!

Am Donnerstag hing ich 10 Socken auf, am Freitag nahm ich 9 ab. Das kam mir komisch vor. Es gibt einen Bewohner im Haus, der seine Socken zerstört. Meist am Fuß, während er sie an hat. Aber nun fehlte mir ein Socken. Vor 2 Wochen war schon mal ein Socken abhanden gekommen, allerdings passiert das bei mir gelegentlich. Dann bleibt ein Sacken im Hosenbein hängen oder geht auf dem Weg zur Waschmaschine verloren. Auf jeden Fall finden sich über kurz oder lang meine Socken wieder zusammen. Eine Bewohnerin klagte auch über einen fehlenden Socken. Nun war ich so frech und habe mal in die Schubladen dieses Bewohners geschaut. Da war meine Wollsocke! Ein freudiges Wiedersehen! Allerdings fand ich auch im Papierkorb die traurigen Überreste meines grauen Sockens, den ich schon 2 Wochen vermisse. Also werde ich Socken nur noch oben in meiner Wohnung trocknen und nicht mehr unten in der Waschküche. Und ein Weihnachtsgeschenk habe ich auch schon für diesen Bewohner: die zweite Socke!

Seid lieb gegrüßt

Ute

Julemarket auf norwegisch

Seid gegrüßt, ihr Lieben,

am Lørdag, 22.11. war der von so vielen Bewohnern herbeigesehnte Julemarket der Steinerskole in Nøtterøy. (Nøtter sind Nüsse und øy ist Insel). Ein buntes Treiben, viel draußen, aber auch drinnen, mit Julegrøt (Milchreis), Pølser (Würsten) und Backwaren aller Art. Alle haben mindestens eine Wurst gegessen. Die Norweger lieben Würste, auch mit Brot, als Hotdog.
Ich bin ja immer wieder von der anthoposophischen Architektur begeistert. So phantasievolle Gebäude, farbenfroh und kindgerecht. Einfach schön. Es gab eine kleine Ausstellung, was die einzelnen Klassenstufen an kreativen Arbeiten machen und welche Themen bearbeitet werden. Sehr spannend. Karussells und Fahrgeschäfte gab es keine, wie schön! Es gab Puppen, Kränze aus Tannengrün, Rentiere aus Birkenholz, Girlanden und in einem Raum wurden Steine und Mineralien verkauft. Selbstverständlich gab es einen Basteltisch für die Kinder, die allerdings auch viel draußen auf dem wunderschönen Spielplatz waren. Was ich nun wirklich interessant fand, dass einige Bewohner unbedingt erst in den Supermarkt mussten und tatsächlich schwer zu tragen hatten. Der Bus, mit dem wir gekommen sind (ein 16-Sitzer) hat woanders geparkt und somit musste der Einkauf mitgeschleppt werden. Andere haben das andersherum gemacht. Ich bin gespannt, wie es im nächsten Jahr sein wird. Insgesamt ein schöner Julemarket, mit Feuerstellen, Kutschfahrten und Eselfoto.

Am Søndag, 23.11. war ein schöner Julemarket in Stokke, auf einem Museumshof. In den Gebäuden und draußen. Es gab die obligatorischen Pølse und den Julegrøt, natürlich Kaffe und Vaffler. Was es bei solchen Veranstaltungen grundsätzlich nicht gibt ist Alkoholisches. Kein Glühwein und kein Bier. Das finde ich sehr angenehm. In allen Gebäuden fand etwas statt: so wurden Kränze hergestellt, Bastelangebote für Kinder (na klar), in der Webstube wurde an den Webstühlen gewebt und Handarbeiten verkauft. Es gab viel Gestricktes und Gesticktes, handgemachte Marmeladen, Getöpfertes, Honig, handgemachte Dekoration… Leider war das Wetter nicht schön. In den Gebäuden, die normalerweise als Museum dienen, waren die normalen Ausstellungen zu sehen. So gab es einen Tante-Emma-Laden mit Miederwaren, Spielzeug nebenan und andere interessante zusammengetragene alte Sachen. Im Keller gab es eine Ausstellung zum Thema Ende des 2. Weltkrieges in Norwegen. Ich muss sagen, das wollte ich nun nicht. Vielleicht ein anderes Mal.

Am 29.11. war „unser“ Julemarket. Die Werkstätten haben in Kristoffer Hallen verkauft. Im Gjestehus gab es Suppe und Saft, Draußen wurde gegrillt. Im Askeladden gab es Kaffee und Kuchen, auf dem Bauernhof gab es Stockbrot und heißen Punsch und die Butikk (der Dorfladen) hatte auf. Viel vorzubereiten, zu schmücken, Tische und Bänke verschieben, eigentlich ein Wahnsinn! Aber es war sehr schön. Es gab hier auch keine Fahrgeschäfte – aber Reiten für Kinder und basteln gab es.

Seid lieb gegrüßt und eine schöne Adventszeit

Ute

Dunkle Zeit

Seid gegrüßt, ihr Lieben!

Bereits Anfang Oktober stand eine Bewohnerin in der Landsbymøte und bat alle darum, jetzt Refleks ( wozu ein x?) zu tragen und Taschenlampen dabei zu haben. Es würde jetzt die dunkle Zeit beginnen. Als ich vor 25 Jahren nach Greifswald kam, stellte ich fest, dass es im Sommer ca 25 min länger hell war, als in Frankfurt/M! Und so beobachte ich jetzt auch wie die Zeiten des Sonnenauf- und untergangs sind. Heute (21.11.) geht die Sonne ca 8:30 Uhr auf. Aber die Dämmerung setzt schon gegen 7 Uhr ein. Und das finde ich richtig schön – gerade die Zeit der Dämmerung ist so spannend und so anders. Eben ein Übergang. Und dieser Übergang dauert ca 1,5 Stunden! (In Portugal dauert die Dämmerung nur ein paar Minuten, das ist doch schade.) Die Abendzeiten bekomme ich jetzt nicht mehr so wirklich mit, weil hier noch alle irgendwie beschäftigt sind. Das wird sich auch für die Morgendämmerung noch ändern… Es soll um Mittwinter wohl erst gegen halb 11 hell sein. Ich bin gespannt, wie sich das anfühlt.
Das Dorf ist übrigens nie wirklich dunkel, weil überall diese wundervolle Wegbeleuchtung angeschaltet ist. Die ganze Nacht. Diese Leuchten lerne ich mehr und mehr lieben. Als Ich hier Ende März das erste mal war, fand ich diese Lampen komisch. Sie sind in einem unregelmäßigen Sechseck (am Grund) geformt, das sich dann in einer Art Kapuze weich abschließt. Diese Form ist wirklich schwer zu beschreiben. In einem Buch fand ich, dass es die Kristallform sein soll. Für mich sehen sie wie kleine Wesen aus, die eine Kapuze haben und unter dieser das Gesicht hervor leuchtet. Irgendwie lebendig. Die Lampen sind ca 1m hoch und leuchten auf den Weg. Das Material ist Beton. Da sie schon ein paar Jahrzehnte stehen und sicherlich schon der ein- oder andere Schneepflug mal dagegen gedrückt hat, stehen einige etwas schief. Auch einige Wege haben sich verändert oder werden nicht mehr genutzt, und so stehen einige Lampen etwas eigenwillig in der Landschaft. Es ist alles in Veränderung, wird mir so bei jeder Begegnung mit so einer Lampe klar.
Eine ältere Mitbewohnerin (sie ist schon 80 Jahre und ich würde sie nicht als Mitarbeiterin bezeichnen, auch wenn sie sich wirklich noch viel engagiert) erzählte, dass diese „Nonnenlampen“ (wirklich!) seit (sie wusste es nicht mehr so genau) 1989 massenweise in Vidaråsen hergestellt wurden. Sie wurden verkauft an andere Camphilldörfer und anthroposophische Einrichtungen in Norwegen.

Deswegen gibt es „unten“ (bergab) (bei der Snekkerverksted (Tischlerei) den Bereich, der sich „Betong“ nennt. Dort wurden diese Lampen hergestellt.

Seid ganz lieb gegrüßt

Ute

Glattkjøringskurs am 19.11.

Seid gegrüßt, ihr Lieben!

Herausforderungen sind ja dazu da, dass man sie meistert. So wurden wir neuen Mitarbeiter in zwei Gruppen aufgeteilt, zu je 8 und die eine Gruppe war am 12. dran und ich mit meinen jungen Kolleginnen also gestern… zum Glattkjøringskurs. Zum Fahrsicherheitstraining. So was habe ich schon mal mit gemacht, und zwar im Oktober 2023 in Goldberg (die Stadt der 3 Lügen: kein Gold, kein Berg, keine Stadt). Diese Bahn war allerdings etwas anderes! Abschüssig und bei – 6 Grad spiegelglatt, das allerdings in der Ebene. Und es gab die Kurve, ebenfalls glatt. Und alle Ansagen auf Englisch. Das war schon aufregend. Eine Ansage war: in der Kurve bremsen – natürlich um die Sicherheitssysteme des Autos kennen zu lernen. Und bitte nicht die Kupplung treten… Das mache ich immer, wenn ich bremse… Wir kamen also zu dem Ergebnis, das „unser“ Octavia zwar ein EPS hat, dass aber nur reagiert, wenn die Kupplung getreten wird. Aha. Und Reifen mit Spikes nützen auf spiegelglatter Fahrbahn auch nichts. Das gibt nur interessante Muster im Eis! Als meine Mitfahrerin gefahren ist, hat sie öfter mal den Schliddergang genommen! Aber es kann nichts passieren – max. 60 km/t.

Wir hatten auch Unterricht – im teorirom. (Wozu braucht man das h und das e?). Es war schon interessant, wenn einem klar wird, dass Norwegens Straßennetz aus uneinsichtigen Kurven besteht.

Wir waren mit 4 verschiedenen Autos da: ein Cactus – Automatic, Ein Hyundai, Schaltung, Ein Kia, E – Automatic und unser Octavia mit Schaltung. Jedes Auto ist anders und jeder Fahrer reagiert anders und jede Fahrbahn ist anders. Ich fand es spannend – und ganz ehrlich: es hat Spaß gemacht.

Seid ganz lieb gegrüßt

Ute

Dorfgeschichte Teil 1

Seid gegrüßt, ihr Lieben!

Ich bin ein Mensch, der gern mal so schaut, wie es früher war, wo ich bin. Zwei interessante Bücher gibt es über Vidaråsen, das eine von 1980 und das andere von 2005. Und ich habe hier eine Kollegin – ja nun nutze ich diesen Begriff doch – die seit 40 Jahren hier ist. Sie kennt noch den alten Stall, der dort stand, wo das heutige Tunet steht. (Auch komisch, denn Tunet heißt Hof…hm)
Sie hat mir auch erklärt, was Vidaråsen bedeutet: Vidar ist ein (relativ) unbekannter nordischer Gott, ein Sohn Thors, der dem Fenriswolf den Kiefer gebrochen hat, damit dieser die Sonne nicht verschlingen kann. Deshalb scheint die Sonne auch heute noch. Wenn auch hier gerade weniger. Und „åsen“ ist eine altmodische Bezeichnung für Hügel oder Anhebung. Also Vidars Hügel. Steiner hat ebenfalls von Vidar/Widar geschrieben, bzw gesprochen. So heißt also das Dorf (Landsby), in dem ich jetzt wohne, lebe und arbeite. Der Hof, der vor dem Dorf da war, hieß „Bakke“ und das ist die Übersetzung für einen Hügel oder eine Erhebung… Das alte Wohnhaus steht heute noch und heißt „Bakkehus“ (Foto oben). Früher wohnten dort auch Dorfbewohner – also Menschen mit Beeinträchtigungen. Heute dürfen nur noch Mitarbeiter dort wohnen, weil die Sicherheit in diesem verwinkeltem und dreimal angebautem Haus nicht gewährleistet werden kann. Ich gebe zu: ich war noch nicht drin.Zum alten Bakke-Hof gehörte außerdem der Stall (an der Stelle steht heute das Tunet mit Matforedling und Meieriet), Smestad, das heutige Kontor, Nedre Bakke und das
Hønsehuset (der Hühnerstall). Diese Gebäude stehen heute noch. 

1966 wollten einige Menschen die Idee von Camphill nach Norwegen holen und hatten diesen Bakke-Hof gekauft. Es gab schon die Töpferei/Bäckerei und die Kerzenwerkstatt. Es reichte aber nicht für etwas anderes. Und es fehlten Familienhäuser für Bewohner und Mitarbeiter mit ihren Kindern. Die Dorfgruppe hatte viele Pläne – es fehlte das Geld.
Nun war es damals so, dass die Abschlussklassen an einem Tag in Jahr Geld sammelten für einen wohltätigen Zweck. Früher waren es meistens Rettungsboote. Aber im Jahr 1966 standen die „Russen“ (die norwegische Bezeichnung für Abiturienten) ohne Auftrag da. Ein Brief einer kleinen Gruppe von Menschen erreichte den Russenvorsitztenden. In diesem Brief wurde auf Vidaråsen aufmerksam gemacht. Es fand ein Gespräch statt – und auf dem Tisch stand eine Kerze, die aus Bienenwachs gegossen war. Hier wurde die Idee geboren, dass die Schüler der Abschlussklassen Kerzen verkaufen. Auf Kochplatten wurde in der gesamten Umgebung Bienenwachs geschmolzen und die Kerzenproduktion wurde optimiert. 40000 Kerzen in 2 Wochen. Im ersten Jahr nahmen die 3500 Russen 180.000 Kronen ein. Und dann wurde das Haus „Ole Bull“ gebaut. So steht es in dem Büchlein von 1980.

Das Korczak Hus wurde 1979 gebaut – als Seminarhaus. Es wurde nie als solches genutzt. Und auch das Korczak Hus wurde durch die Kerzenaktion der russen finanziert. Heute gibt es so einen Sammeltag nicht mehr.

 

Seid ganz lieb gegrüßt

Ute

Julemarket – Vorbereitung

Seid gegrüßt, ihr Lieben!

Weihnachten steht vor der Tür. Und somit ist Julemarket an der Steinerskole in Nøtterøy. Es wollen bestimmt viele Bewohner mit und ich hoffe, dass ein Bus gechartert wird.
Bei uns ist Julemarket am 29.11. und es bedarf einer großen Organisation, damit alles gut funktioniert.
Letztes Jahr waren wohl Massen an Menschen da!

Alle Werkstätten produzieren auf Hochtouren. So hat die Filzwerkstatt schöne Dinge zu bieten, und die Kräuterwerkstatt verkauft Tees, Kräutersalz und Kräutermischungen. Die Snekkeriet hat wundervolle Dinge aus Holz produziert: Bauklötze für die Kleinen oder formschöne Buttermesser, Schuhanzieher und vieles mehr. Die Weberei webt tolle Stoffe, die teilweise zu schönen Produkten vernäht werden, oder man macht es selbst… Es gibt noch eine Kosmetikwerkstatt, die auch tolle Sachen herstellt… Ich könnte überall mitarbeiten!
Die anderen Werkstätten produzieren für die Versorgung des Dorfes: Die Kühe produzieren die Milch für Joghurt, Rømme (eine Art Sauerrahm/Schmand), Käse und manchmal auch Kvark. Die Norweger wissen jedoch nichts mit Kvark anzufangen. Aber viele „Nicht-Norweger“! Das Highlight ist allerdings der Halloumi. Auch die Bäckerei (Beitagsfoto oben: Wandmalerei in der Bäckerei) produziert in erster Linie Brot und Brötchen für das Dorf. Aber auch Kekse, zum Verkauf oder … für die Bäckereimitarbeiter. Interessanterweise stellt die Bäckerei auch verschiedene Sorten Pasta her, die in der Region oder in der dorfeigenen Butikk verkauft werden. Dann gibt es noch die Matforedling. Hier werden die Produkte der Gärtnerei verarbeitet, z.B. zu Sauerkraut, Zwiebelchutney (sehr zu empfehlen), Apfelmus und vieles andere mehr. Einiges wird eingefroren, anderes wird sowieso schnell verbraucht.
Eine andere Werkstatt, die im Winter mehr Mitarbeiter hat, als im Sommer ist die Skogengruppe – die Waldgruppe. Im Winter wird Holz geschlagen, für die Kaminöfen und unser Haus wird mit Holz geheizt und heizt das Nachbarhaus auch noch mit. Es gibt dann noch (ganz wichtig!) die ute-gruppe, Das sind Menschen, die Rasen mähen, Grünschnitt machen, die Mülleimer leeren, den sortierten Abfall wegfahren, Schneeräumen.

Die Produkte der Gärtnerei sind als das Herz des Dorfes zu sehen, zumindest ist das meine Meinung. Biogemüse, nach demeter-Richtlinien, auf Böden, die seit fast 60 Jahren ohne Chemie bewirtschaftet werden. Das wird das nächste Fest im Dorf: Vidaråsen wird im kommenden Jahr 60 Jahre alt! Pfingsten soll die große Feier sein. Es gab schon ein erstes Vorbereitungstreffen…
Übrigens wurden früher (dazu mehr in einem anderen Beitrag) Kerzen und Puppen hergestellt. In der heutigen Malerverkstet war früher die Dorftöpferei, weil alle Häuser Tassen und Teller brauchten. Heute haben die meisten Häuser Geschirr von einem großen schwedischen Kaufhaus…:-)

Seid ganz lieb gegrüßt (heute früh ca. 7:30 Uhr -9 Grad)

Ute

Anthroposophische Architektur im Dorf

Die Architektur im Dorf ist meistens eigenwillig „unrechteckig“, außer bei den alten Häusern des Bakke-Hofes. Dazu zählt u.a. Smestad (die Schmiede), Kontoret (das Büro, das auch mal Tischlerwerkstatt war) und das Bakkehus.

Das Foto oben zeigt das Karinshus, was mich durch seine Dachgestaltung schon beeindruckt!

Hier ist ein Tekst aus dem Buch von 2005, per Web-Übersetzter:

„AUSSERHALB DES FESTSTEHENDEN RECHTWINKELS

„In der Natur findet man keinen einzigen rechten Winkel“, sagt Will Browne, Architekt von Vidaråsen. „Wenn man sich die Häuser im Dorf ansieht, findet man kein einziges mit ausschließlich rechten Winkeln.“

Ein Spaziergang zwischen Gebäuden, die sich deutlich von den meisten anderen außerhalb des Dorfes abheben.

Betrachten Sie zum Beispiel die Scheune genauer: Ihre Fassade wirkt durch die vielen Winkel, die von den üblichen 90 Grad abweichen, lebendig und harmonisch. Sehen Sie sich die Dachtraufen, Fenster und Eingänge an. Hier ein Bogen, hier ein schiefes Quadrat, dort eine überraschende Biegung.

Anthroposophische Architektur als eigenständigen Stil gibt es nicht. Architektur kann sich von Land zu Land und je nach Entstehungszeitpunkt stark unterscheiden. Als Steiner mit dem Zeichnen begann, orientierte er sich stark an den damaligen Strömungen wie Expressionismus und Jugendstil. Das gilt auch heute noch, sagt Will.

„Form folgt Funktion“ ist ein Grundprinzip, fast schon ein Slogan, in der modernen Architektur. Form und Materialwahl sollen Ausdruck der Funktion sein.

Die Anthroposophie hat klare Vorstellungen vom Wesen des Menschen.

Architektur muss von der Schaffung eines guten Umfelds für den ganzen Menschen ausgehen und dabei die dreifache Dimension des Menschen – die physische, die spirituelle und die funktionale – auf verschiedenen Ebenen berücksichtigen. Steiner spreche von der spirituellen Dimension, sagt er.

Die physische Ebene: Neben den offensichtlichen körperlichen Bedürfnissen werden sowohl die ökologischen Folgen als auch die Einbindung der Häuser in die Landschaft berücksichtigt. Die Häuser sollen atmen können; „Menschen können nicht in einer Plastiktüte leben“.

Die spirituelle Ebene: Hier geht es um unser psychisches Wohlbefinden. Vieles spielt eine Rolle – weit mehr als nur die bewusste Abkehr von rechten Winkeln. Unterschiedliche Farben haben unterschiedliche Wirkungen: anregend in Aktivitätsräumen, beruhigend in Schlafzimmern, zum Beispiel. Auch die Wahl der Außenfarben trägt zur Gesamtwirkung eines Raumes bei. Die Verteilung und Nutzung von Licht ist wichtig, sowohl für das Wohlbefinden als auch für die Funktion eines Raumes. Auch Geräusche können stressabbauend wirken, beispielsweise durch fließendes Wasser im Eingangsbereich oder Foyer. Wärme ist mehr als nur eine Temperatur. Sie ist ein Konzept, das auch die Farbskala umfasst. Darüber hinaus ist die Berücksichtigung des Menschen als soziales Wesen absolut grundlegend. Kurz gesagt: Ein Haus muss Raum für Geselligkeit und

Raum für die Einsamkeit bieten. Die funktionale Ebene: Es geht hier nicht nur um

Stadthäuser, für die er ebenfalls verantwortlich ist, sucht er natürlich nach Verbesserungsmöglichkeiten. Bedürfnisse ändern sich, Menschen und das Klima ändern sich auch. Es ist ein spannender Prozess, sagt er.“

Soweit der Tekst aus dem Buch von 2005, gekürzt und übersetzt. Heute habe ich es mir mal einfach gemacht…

Seid ganz lieb gegrüßt

Ute

6. Woche mit Ausflug in die Telemark

Seid gegrüßt, ihr Lieben!

Es läuft ruhig, ich komme immer mehr an. ABER: Weihnachten steht vor der Tür. Und somit ist Julemarket an der Steinerskole in Nøtterøy. Es wollen bestimmt viele Bewohner mit und ich hoffe, dass ein Bus gechartert wird. Bei uns ist Julemarket am 29.11. und es bedarf einer großen Organisation, damit alles gut funktioniert. Alle Werkstätten produzieren auf Hochtouren. So hat die Filzwerkstatt schöne Dinge zu bieten, und die Kräuterwerkstatt verkauft Tees, Kräutersalz und Kräutermischungen. Die Snekkeriet hat wundervolle Dinge aus Holz produziert, so Bauklötze für die Kleinen oder formschöne Buttermesser und Schuhanzieher. Ob die Kosmetikwerkstatt auch etwas für den Julemarket herstellt weiß ich nun nicht. Es gibt aber wundervolle Produkte, wie Duschöl, Seife, tolle Cremes, Scubb und vieles mehr in der Butikk. Dann gibt es noch die Weberei – ganz klassisch anthroposophisch. Und es werden wundervolle Stoffe und Teppiche …. gewebt. Ich werde berichten, wie es war!
Die anderen Werkstätten produzieren für die Versorgung des Dorfes: Die Kühe produzieren die Milch für Joghurt, Rømme (eine Art Sauerrahm/Schmand), Käse und manchmal auch Kvark. Aber der Norweger weiß mit Kvark nichts anzufangen. Aber viele „Nicht-Norweger“! Auch die Bäckerei produziert in erster Linie Brot für das Dorf. O.K., auch Kekse, zum Verkauf oder … für die Bäckereimitarbeiter. Interessanterweise stellt die Bäckerei auch Pasta her, die in der Region oder in der dorfeigenen Butikk verkauft werden. Dann gibt es noch die Matforedling. Hier werden die Produkte der Gärtnerei verarbeitet, z.B. zu Sauerkraut, Zwiebelchutney (sehr zu empfehlen), Apfelmus und vieles andere mehr. Einiges wird eingefroren, anderes wird sowieso schnell verbraucht.

Die Produkte der Gärtnerei sind als das Herz des Dorfes zu sehen, zumindest ist das meine Meinung. Biogemüse, nach demeter-Richtlinien, auf Böden, die seit fast 60 Jahren ohne Chemie bewirtschaftet werden.
Zu den Werkstätten gehören auch die ute-gruppe – die Draußengruppe. Sie kümmert sich um den Abfall des Dorfes, den Grünschnitt, Rasenschnitt und im Winter um die Räumung der großen Wege. Das Holz zum Heizen liefert die Skogengruppe. Auf dem Hof leben neben Kühen und Schafen auch Schweine, die sicherlich auch irgendwann in die Wurst kommen. Einige Schafe sind schon geschlachtet worden.
 Auch das gehört dazu. 
Meine beiden freien Tage habe ich unterwegs verbracht. Ich habe eine Freundin in der Telemark besucht. Leider musste sie heute (Montag) wieder arbeiten. Und so habe ich mich recht früh verabschiedet und bin langsam Richtung Heimat (jaaa!) gegondelt. Das Wetter war typisch für den November.

Seid ganz lieb gegrüßt

Ute

5. Woche

Seid gegrüßt, ihr Lieben!

Die 5. Woche ist vorbei. Und ich darf im Dezember für eine Woche in den Urlaub. Vom 08.-15.12. habe ich jetzt ein Auto reserviert. Ich bin gespannt: Dieselantrieb, ohne Pikkdecks (Spikes), denn damit dürfte ich nicht nach D. Aber bis dahin ist noch Zeit. Am 19.11. bin ich mit 7 anderen Leuten zum Glattkjøringkurs (Sicherheitsfahrtraining) angemeldet.

An diesem Wochenende war Tango! Workshops und Milongas. Freitag war ich schon hin, mit einer Lebensgemeinschaftsschwester – sie ist seit 20 Jahren hier und hat hier ihr 5. Kind zur Welt gebracht. Insgesamt sind wir hier 3 Tangotänzerinnen. Sonnabend war ich so k.o., dass ich abgesagt habe. (Irgendwas muss ich ändern.) Montag war noch eine geführte Practica. Die war super. Und es ist etwas passiert, dass nun hier in Norwegen zum 2. Mal passiert ist: es ist ein Wunsch in Erfüllung gegangen. Zum einen: Ich hatte schon vor ein paar Tagen im Internet nach flachen Tangoschuhen geschaut. Nix besonderes, flache Schläppchen, mit geteilter Sohle. Montag zur Practica standen flache Stoffschuhe zum Binden da. Sie passen und sie sind geschenkt!! Ich hatte beschlossen, nur noch mit flachen Schuhen zu tanzen. Nun habe ich selten mit hohen Hacken getanzt. Es ist ja auch total bescheuert, die Füße in solche engen, festen Schuhe zu zwängen. Wozu? Äußerliche Fassade. Ich sehe das bei meiner tanzenden Mitbewohnerin – sie sieht viel geerdeter aus, wenn sie mit Schläppchen über das Parkett schwebt. Es fühlt sich sehr gut an, mit diesen Schuhen.

Das andere Mal, egentlig det første gangen, war, dass ich noch in Deutschland überlegt hatte, bei IKEA einen Ingolf-Stuhl zu kaufen. Ich bin aber nicht mehr dazu gekommen. Und was fand ich hier im Möbellager? Einen Ingolf-Stuhl! Und er ist super bequem, gut in Schuss, kostenlos und ich kann ihn nutzen, ohne dass es „meiner“ ist.
Im Möbellager sind einige private Möbel und Gemeinschaftsmöbel untergebracht. Davon ist nicht alles tolle, aber besser als nix!  In D habe ich einen IKEA-Besuch geplant. Ich finde, dass diesem schönen Linoleum ein leichter Teppich gut tut. Nix schweres. Ihr merkt, ich komme richtig an. Und das ist gut so.

Seid ganz lieb gegrüßt

Ute

Baum pflanzen auf anthroposophisch

Mein Bruder hatte mir zwei Esskastanien geschenkt, die hier wachsen dürfen. Nun ist das nicht das beste Klima für wärmeliebende Maronis, aber wir können es versuchen. Zumal sie Mecklenburgisches Wetter gewohnt sind, wenn man das bei 1- und 3 jährigen Bäumchen sagen kann. Hier gibt es viel Wald, der von Armin sehr gut und vorsichtig bewirtschaftet wird. Unser Haus wird tatsächlich größtenteils mit Holz geheizt. Ohne Heizen wird es im Winter nicht wirklich warm. Und wir heizen das Karinshus nebenan gleich mit. Zedem steht in jedem Haus mindestens ein Ofen. Somit gibt es eine Skogengruppe, die zur Zeit auf zwei taffen Mädels besteht, die inzwischen ihren Motorsägenschein haben und auch auf Bäume klettern, um diese zu entasten.

Gut, nun zur Pflanzaktion: eigentlich sollten beide am 30.10- gepflanzt werden, aber in typischer „Vidaråsen-Manier“ tauchte ein Warnband im Erdreich auf – Stromkabel. Gut, dann darf das andere Bäumchen in die Erde. Nun sind die Bodenverhältnisse zu beachten: es braucht genug Tiefe, Breite, Feuchtigkeit und Nährstoffe. Die Lichtverhältnisse, Windrichtung und Frostgefahr. So sind alle Täler eher frostgefährdet als Höhen. Das war mir neu. Aber gut, Armin lebt schon länger hier und kennt die Verhältnisse.

Er sucht nach einem Platz, den er Erdtasche nennt. Hier schaut immer mal der Fels aus der Erde hervor. Und eine Erdtasche hat eine dicke Schicht Erde über dem Fels. Für die kleine Kastanie haben wir einen Platz gefunden und fangen an zu buddeln.
1) das Pflanzloch soll eckig sein, damit die Wurzeln in unterschiedlichen Längen an die Pflanzlochwand stoßen. Und eben nicht wie in einem Blumentopf kreisrund wachsen. Wir haben mit Baumwurzeln zu kämpfen und stoßen dann nach ca 50 cm auf Fels.
2) die Pflanzlochwand soll unten gekehlt sein, d.h. unten soll es weiter werden. Damit die Wurzeln angeregt werden, weiter nach unten zu wachsen.
3) Armin baut eine Steinpyramide in das Pflanzloch, damit alles überschüssiges Wasser abfließ
en kann. Auf drei großen Steinen legt er eine Steinplatte und kleidet die Pflanzlochwände am Grund mit weiteren Steinen aus. Auf die Steinplatte kommen noch einmal drei Steine und eine Platte.
4) Das restliche Loch wird mit Mutterboden und vorhandener Erde aufgefüllt. Er entsteht ein Hügel. In diesen Hügel wird die Kastanie gesetzt. Auch das Angießen, was im Wald normalerweise entfällt, soll nicht direkt an der Pflanze erfolgen. Auf die Frage, warum der Baum nicht tiefer gesetzt wird, antwortete Armin, dass der Frost auf dem Boden krabbelt und sich die tiefsten Stellen aussucht. Und wenn das gerade die Baumscheibe ist, verbrennt (Gefrierbrand) der Frost die Rinde und schädigt ihn somit.


Damit wünsche ich dem ersten Bäumchen einen guten Start. Möge es wachsen und gedeihen. Aho.

Seid lieb gegrüßt

Ute